BIP-Prognose für die Schweiz

Aufschwung lässt noch auf sich warten

Die Schweizer Wirtschaft habe die durch den Frankenschock ausgelöste konjunkturelle Schwächephase noch nicht durchschritten, schreibt BAKBasel. Vor allem bei den Investitionen stünde der Abschwung erst noch bevor. Im zweiten Halbjahr 2015 sei nur mit einer Stagnation des Schweizer BIP zu rechnen. 2016 setzt jedoch dank der Abwertung des Frankens, der trotz schwacher Schwellenländer wieder günstigeren Auslandsnachfrage und des robusten privaten Konsums eine Konjunkturerholung ein, auch wenn die Investitionstätigkeit sehr verhalten bleibt. Ein wirklicher Aufschwung der Schweizer Wirtschaft sei erst für 2017 zu erwarten. Die Konjunkturrisiken blieben zudem hoch: Sowohl internationale (Schwellenländer, Griechenland) als auch inländische Unsicherheitsfaktoren (Masseneinwanderungsinitiative) seien geeignet, für eine schwächere Entwicklung der Schweizer Wirtschaft zu sorgen.

Die Schweizer Wirtschaft habe sich im zweiten Quartal besser entwickelt als erwartet. Vor allem die Investitionen expandierten überraschend stark, weshalb in der Schweiz im ersten Halbjahr eine technische Rezession vermieden werden konnte. Der Frankenschock, halten die Basler Ökonomen fest, sei damit aber noch nicht überwunden. Die volatile Entwicklung der Konjunkturindikatoren (PMI, Aussenhandel und Industrieproduktion) zeige, dass der Franken weiterhin eine grosse Belastung für die Schweizer Unternehmen darstelle. Dies dürfte mit einer gewissen Verzögerung vor allem die Investitionstätigkeit bremsen. Im zweiten Halbjahr 2015 ist daher lediglich mit einer Stagnation der Schweizer Wirtschaft zu rechnen. Im kommenden Jahr hingegen dürfte die Konjunktur trotz der erwarteten Investitionsschwäche allmählich wieder an Schwung gewinnen. Sowohl die Belebung in den Industriestaaten als auch die unterstellte allmähliche Abwertung des Frankens dürften 2016 für Rückenwind sorgen. Zudem bleibt der robuste private Konsum eine wichtige Wachstumsstütze. Mit einem wirklichen Aufschwung der Schweizer Wirtschaft sei jedoch erst im Jahr 2017 zu rechnen. Insgesamt rechnet BAKBASEL für das Jahr 2015 mit einem Schweizer BIP-Wachstum von 0.8% (bisher: + 0.6%), welches sich 2016 auf 1.2% (+1.5%) und 2017 auf 2.3% beschleunigt.

Ausrüstungsinvestitionen noch überraschend hoch

Die Schweizer Wirtschaft hat im zweiten Quartal 2015 positiv überrascht. Vor allem die Ausrüstungsinvestitionen expandierten trotz der Belastung durch den Franken und des schwierigen internationalen Umfelds (s. auch KOF Konjunkturbarometer). Zudem sorgten der private und der öffentliche Konsum für Impulse. Der Güteraussenhandel lieferte ebenfalls einen positiven Beitrag, dies jedoch vor allem wegen der schwachen Importentwicklung. Vom Aussenhandel mit Dienstleistungen kamen hingegen negative Impulse. Insgesamt ist das BIP zwischen April und Juni leicht gewachsen. Die Belastung durch den Franken spiegelte sich im zweiten Quartal vor allem in der stark rückläufigen Preisentwicklung wider. Dies deutet auf schmerzhafte Margenrückgänge bei den Unternehmen hin, was im Verbund mit der anhaltenden Unsicherheit die Investitionsbereitschaft schmälern dürfte.

Prognosen für die Schweizer Wirtschaft - BAKBASEL  
   

Unsichere Entwicklung

Die positive Entwicklung des zweiten Quartals bedeutet jedoch nicht, dass die Schweizer Wirtschaft die durch den Franken ausgelöste Schwächephase bereits überwunden hat. Ein Beleg hierfür ist die volatile und insgesamt verhaltene Entwicklung der Konjunkturindikatoren in den letzten Monaten. So sank die Produktion im sekundären Sektor im zweiten Quartal um 2.5% gegenüber dem Vorjahresquartal und die Auftragseingänge gingen deutlich zurück. Zudem erlebte der Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie im Sommer eine Berg- und Talfahrt. Während der PMI im Juli wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten rutschte, ging es im August bergauf auf einen Stand von 52.2 Zählern. Der PMI für den Dienstleistungssektor blieb jedoch im August mit 47.8 Punkten unter der Wachstumsschwelle Die Stimmungsindikatoren deuten somit insgesamt zwar nicht auf einen Konjunktureinbruch, aber auch nicht auf einen Aufschwung hin.

Stagnation bis Ende Jahr

Der Aussenhandel erlebt seit Aufhebung des Mindestkurses eine Schwächephase, welche gemäss den bisher vorliegenden Daten im Juli ungebrochen anhielt. Dies zeigt, dass der Franken weiterhin eine grosse Belastung für die Schweizer Unternehmen darstellt, da der hohe Wechselkurs die Wettbewerbsfähigkeit reduziert und die Volatilität auf den Währungsmärkten die Unsicherheit erhöht. Die sehr verhaltene Entwicklung der Importe seit Aufhebung des Mindestkurses ist zudem ein Indiz dafür, dass die Unternehmen ihre Lager abbauen, was für eine pessimistische Einschätzung der Absatzaussichten spricht. Neben dem Franken spielen hierbei auch die nach wie vor ausgeprägten globalen Unsicherheiten eine Rolle. Die Zurückhaltung der Unternehmen dürfte sich in den kommenden Monaten negativ auf die Investitionstätigkeit auswirken. Insgesamt erwartet BAKBASEL im zweiten Halbjahr 2015 eine Stagnation der Schweizer Wirtschaft, so dass das reale Schweizer BIP im Gesamtjahr 2015 um 0.8% expandieren dürfte. Beim nominalen BIP ist aufgrund der sinkenden Preise von einem Rückgang um 0.4% auszugehen.

Moderate Belebung 2016, echter Aufschwung 2017

Im Zuge der erwarteten globalen Erholung geht BAKBASEL für 2016 von einer allmählichen Beschleunigung der Schweizer Konjunktur aus und erwartet ein BIP- Wachstum von 1.2%. Ein positives Signal sind die jüngsten Abwertungstendenzen des Frankens. Im Einklang mit unseren Erwartungen hat der Franken gegenüber dem Euro seit Mitte Juli von 1.04 CHF/EUR auf aktuell etwa 1.09 CHF/EUR abgewertet. BAKBAsel erwartet, dass sich dieser Trend in den nächsten Quartalen fortsetzen wird und der Franken bis Ende 2016 auf rund 1.15 CHF/EUR abwertet. Dies dürfte den Druck auf die Gewinnmargen der Schweizer Unternehmen allmählich reduzieren, die Absatzchancen der Exporteure erhöhen und Unsicherheit abbauen.

Prognosen für ausländische Wirtschaftsräume - Sept. 2015  
   

Rückenwind von aussen

Positive Impulse für die Schweizer Wirtschaft sind in den nächsten Quartalen auch von den Industriestaaten zu erwarten. In den USA ist die Binnenkonjunktur mittlerweile in robuster Verfassung und die steigenden Einkommen dürften für eine Wachstumsbeschleunigung sorgen. Auch in der Eurozone ist von einer Belebung auszugehen. Hierbei mehren sich die Zeichen, dass die bisher noch stark Konsum getriebene Erholung auch zunehmend die Investitionstätigkeit erfasst und damit ein Segment, welches für die Schweizer Exporteure von hoher Bedeutung ist.

Die Dynamik der Schwellenländer dürfte dagegen 2016 wie schon 2015 verhalten ausfallen. Erst ab 2017 ist wieder mit einer schwungvolleren Entwicklung in den Schwellenländern zu rechnen. Insgesamt prognostiziert BAKBasel, dass die Schweizer Exporte im Jahr 2016 um 2.6% wachsen (2015: +0.0%). 2017 dürfte der kräftig anziehende Welthandel und die nachlassende Wechselkursbelastung einen wesentlich stärkeren Anstieg der Schweizer Exporte ermöglichen (+5.9%).

Stagnierende Ausrüstungsinvestitionen

Während sich die Lage für die Schweizer Exporteure allmählich verbessern dürfte, steht der Abschwung bei den Investitionen erst noch bevor. So werden sich die Frankenstärke und die gegenwärtig ausgeprägte Unsicherheit vor allem in den Investitionsplänen der Unternehmen für das kommende Jahr niederschlagen. BAKBasel rechnet daher trotz der sich verbessernden konjunkturellen Rahmenbedingungen nur mit einer Stagnation der Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2016 (+0.1%).Hinzu kommt, dass auch die Bauinvestitionen 2016 sinken werden (-0.8%). Hierfür sind vor allem die negativen Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf den Wohnbau im Alpenraum sowie allgemeine Sättigungstendenzen nach dem Boom der letzten Jahre verantwortlich.

Trendwende erwartet

Im Jahr 2017 gelingt die Trendwende und sowohl bei den Bauinvestitionen als auch den Ausrüstungsinvestitionen ist wieder von positiven Wachstumsraten auszugehen. Vor allem die Ausrüstungsinvestitionen dürften kräftig anziehen (+8.7%), da die Belastung durch den Franken und die globalen Unsicherheiten bis 2017 in den Hintergrund treten und sich aufgrund der Zurückhaltung der Unternehmen ein grosser Nachholbedarf aufgestaut haben dürfte.

Der private Konsum bleibt auch 2016 ein wichtiger Wachstumspfeiler der Schweizer Wirtschaft, wenngleich die Dynamik gegenüber 2015 etwas nachlässt. Zwar ermöglichen die rückläufigen Preise ein schwungvolles Wachstum der real verfügbaren Einkommen, die leichte Eintrübung am Arbeitsmarkt wirkt sich jedoch hemmend auf die Ausgabenbereitschaft aus. Insgesamt dürften sich die negativen Folgen der gegenwärtigen Wachstumsdelle auf den Schweizer Arbeitsmarkt aufgrund der im Jahresverlauf 2016 einsetzenden Erholungstendenzen jedoch in Grenzen halten. Die Ökonomen erwarten, dass die Arbeitslosigkeit bis Mitte 2016 auf ein Maximum von 3.7 % ansteigt (aktuell 3.3%) und 2017 wieder allmählich zurückgeht.

Kurzfristrisiken aus Ausland bleiben

Die Turbulenzen in China und die kräftige Abwertung vieler Schwellenländer-Währungen verdeutlichen, dass die aussenwirtschaftlichen Risiken weiterhin ausgeprägt sind. Falls es wider Erwarten zu einer "harten Landung" in China kommt, würde dies die Chancen auf eine Erholung in den Industrieländern zunichtemachen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Entwicklung in Griechenland, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen. Durch die Einigung auf ein drittes Rettungspaket an Griechenland ist die Gefahr eines Grexit zuletzt zwar deutlich gesunken. Falls jedoch radikale Kräfte starke Stimmgewinne verbuchen können, wäre die Umsetzung des dritten Rettungspakets in Gefahr und auch ein Grexit würde wieder zur Diskussion stehen. Auch ein politisches Patt könnte zu einer Hängepartie und Blockade der weiteren Entwicklung führen. Der Aufwertungsdruck auf den Franken könnte sich damit entgegen unserem Basisszenario wieder deutlich erhöhen.

Masseneinwanderungsinitiative als Mittelfrist-Risiko

Für 2017 erwartet BAKBasel einen kräftigen Aufschwung in der Schweiz. Dieser Aufschwung könnte allerdings durch eine misslungene Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gefährdet werden. Im Basisszenario wird unterstellt, dass die geplanten Kontingente für Zuwanderer flexibel an den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft ausgerichtet werden und sich zudem die Beziehungen zur EU nicht verschlechtern. Falls dies jedoch nicht der Fall ist und es im schlimmsten Fall sogar zu einer Aufkündigung der Bilateralen Verträge kommt, würde dies die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft deutlich eintrüben.

11.09.2015 | Autor Jörg Naumann

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