Symposium Groupe of Fifteen

Von »Regulierungsflut» und Wirtschaftskrisen war die Rede

Die 15 führenden Unternehmen der Immobilienwirtschaft führen jährlich ein Symposium über die jüngste Entwicklung in der Weltwirtschaft und im europäischen Raum durch. Dabei analysieren Experten aus Wirtschaft und Politik die neuesten Trends. Diesmal stand auch die Regulierungstendenz im Zentrum.

Die gängige Meinung lautet: Unser Land sei in der Defensive. Der Druck aus Brüssel auf die Schweiz steigt kontinuierlich, die Annahme der Volksinitiative gegen Masseneinwanderung hat ihn weiter verstärkt. Die EU zeigt ihre Muskeln. Die Schweiz ist gefordert, sich offensiv den Problemen zu stellen. Auch die USA zeigen ihre Krallen, insbesondere in der Finanzpolitik, und animieren mit ihrem Verhalten andere Länder zu ähnlichem Vorgehen.

Der Moderator des Symposiums, Rainer Maria Salzgeber, sowie der Präsident der Groupe of Fifteen, Claudio Rudolf, äusserten sich in ihren Begrüssungsansprachen zum Thema Regulierung und Deregulierung. Das Thema des Symposiums lautet «Prosperität und Regulierungsflut – ein Widerspruch?».

Salzgeber erwähnte eher lächerliche Regelungen in gewissen Sparten des Sports, während Rudolf auf die 7000 Seiten neue Regulierungsvorschriften hinweisen konnte. Zunehmende Regulierung und aus wirtschaftlicher Sicht unreflektiert lancierte Initiativen mit entsprechend emotionalen Reaktionen könnten Zweifel an der Lenkungs- und Visionsfähigkeit unseres Landes aufkommen lassen.

Kein Spielraum bei EU-Verhandlungen

Als erster Referent sprach der EU-Botschafter in der Schweiz, Richard Jones, über die aktuelle Situation der Schweiz mit der Europäischen Union unter dem Titel «EU and Switzerland: What does the Future hold?». Jones gehört eher zu den Diplomaten der leisen Art, doch wies auch er auf die Problematik hin, die durch die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative entstanden ist. Er hatte sich bereits vor einem halben Jahr im «Tages-Anzeiger» dahingehend geäussert, dass die bilateralen Verträge der Schweiz möglicherweise obsolet werden könnten.

In seinem Referat betonte Richard Jones jedenfalls den Standpunkt von Brüssel zum Thema Personenfreizügigkeit; dass es hier keinen Verhandlungsspielraum gebe. Er widersprach der Meinung, dass die EU zu viele Regulierungen kenne. Er anerkannte auch die Besonderheiten der schweizerischen Direkten Demokratie. In der anschliessenden Fragerunde wünschte das Publikum der gegen 400 Symposium-Anwesenden einige Antworten zu EU-Themen: z.B. ob Grossbritannien jemals den Euro auf der Insel einführen würde; was der britische EU-Botschafter klar verneinte.

 Zuger Regierungsrat optimistisch

Der Zuger Regierungsrat und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, Peter Hegglin, befasste sich mit dem Thema «Finanz- und Steuerpolitik im Umbruch». Er teilte das Referat in drei Erklärungsphasen ein: Ausgangslage, Herausforderung und Fazit. Hegglin attestiert der Schweiz «solide öffentliche Finanzen», «effektive und transparente Institutionen», den «Föderalismus» (mit Konkordanz-Regierung, direkte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Justiz, Schuldenbremse), «stabiler volkswirtschaftlicher Rahmen», «flexibler, sozialpartnerschaftlicher Arbeitsmarkt» und «führender Forschungs- und Wissensplatz».

Der Zuger Finanzdirektor präsentierte einige Grafiken mit den Steuerbelastungen in den einzelnen Ländern: Bei der Fiskalquote in Prozenten des BIP liegt die Schweiz mit 26,9% knapp hinter den USA mit 25,4% - alle andern auch europäischen Staaten verzeichnen eine viel höhere Fiskalquote – bis doppelt soviel.

Peter Hegglin sieht natürlich auch einige wirtschaftspolitische Herausforderungen auf die Schweiz zukommen – mit eidgenössischen Volksinitiativen wie die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und viele mehr. Im Bereich der internationalen Steuertransparenz hat die Schweiz einige Probleme zu lösen: wie die Steueramtshilfe oder der spontane und automatische Informationsaustausch mit dem Ausland.

Positive Reform der Steuersysteme

Die Unternehmenssteuer-Reform USR III bleibt ebenfalls ein Sorgenkind der Berner Politik und der Schweizer Wirtschaft. Es geht um die Abschaffung von international inakzeptabler Steuerregimes und um die Statusgesellschaften (Art. 28 StHG Holdings, Domizil- und Gemischte Gesellschaften), Prinzipalgesellschaften und die Schweizer Finanzierungsbetriebsstätten.

Die Gewinnsteuereinnahmen von Statusgesellschaften bringt dem Bund 3 Milliarden Franken ein; dies ergibt ein 48,3% Anteil an den Gewinnsteuereinnahmen und 2,1 Millarden Franken für die Kantone. Der Bund profitiert von kantonalen Anstrengungen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, führte Hegglin weiter aus. Als Massnahmen der Reform sind u.a. neue steuerpolitische Regelungen und Anpassungen im Finanzausgleich der Kantone vorgesehen.

Der Zuger Finanzdirektor ist überzeugt, dass das Unternehmenssteuerrecht der Schweiz reformiert werden soll;  es handle sich um keine «Steuersenkungsvorlage». Zur Bundeserbschaftssteuer, die nächstens zur Abstimmung gelangt, äusserte sich Hegglin ablehnend, weil die «Zweckbindung der Erträge» problematisch sei.

Die wirtschaftliche Situation in der Schweiz sei «positiv»: Die «stabile Schönwetterlage) sei durch eine «instabile Wetterlage mit zahlreichen Gewitter- und Orkanzellen» abgelöst worden. Aussenpolitisch macht der «erzwungener Abschied vom Sonderfall» der Wirtschaft Sorgen, so Peter Hegglin abschliessend.

Mehrere Hürden zu überwinden

Mit den Risiken im Immobilienbusiness befasste sich Dr. Hauke Brede, seines Zeichens Chief Risk Officer bei der Allianz Real Estate GmbH in München. Er nahm die europäische Finanzwelt ins Blickfeld unter dem Titel «Auswirkungen der Regulierungen und der Zinspolitik». Im-EU-Bereich entwickeln sich die Regulierungen vor allem auch im Versicherungsrecht mit der Reform Solvency II; dann wirkt sich EMIR die EU-Verordnung des ausserbörslichen Handels mit Derivaten sowie das Basel III der Bankenregulierung infolge der Finanzkrise 2007.

Alle diese Regulierungen stellen Hürden für die Immobilienversicherer dar. Bei globalen Blick gebe es divergierende Wachstumsaussichten mit der Allianz-Risikomanager und weist daraufhin, dass für die Eurozone die geringsten Wachstumsprognosen vorliegen. Der Zinszerfall bei den Staatsanleihen zwingt die Versicherer auch als Immobilienbetreiber aktiv zu werden. Dass die Zinsen wieder steigen würden, glauben die befragten Akteure im Immobiliengeschäft nicht; «die Zinsen werden ein weiteres Jahr oder länger unter dem historischen Durchschnitt ausharren», formulierte es Hauke Brede vor den Groupe of Fifteen-Gästen.

«Risiko-Appetit anpassen»

Abschliessend gab der Allianz-Risikomanager zur aktuellen Fragestellung «Wie können institutionelle Investoren reagieren?» einige Antworten: Auf strategischer Ebene sollte der «Risiko-Appetit angepasst und die strategische Asset Allocation neu definiert»; ein «proaktives Portfolio-Management verfolgt» sowie «neue Investitionsprodukte entwickelt» werden.

Mögliche Umsetzungen dieser Strategie sei der Einstieg in neue Länder, suche nach alternativen Bereichen (z.B. Logistik, Outlet-Centner, Student Housing), Schaffung von Regionalzentren und/oder B-Standorten, eine «Manage-to-core-Strategie für Neu- Akquisitionen anwenden». Weiter müsste eine Wertsteigerung durch aktives Asset Management und pro-aktives Verkaufsmanagement angestrebt werrden. Anstatt «buy & hold» soll «proaktives und innovatives Handeln das «new normal» im Investment Management werden, schloss Hauke Brede sein Referat.

Regulierungen und Zinspolitik

Im Schluss-Talk traten Dr. Christoph Caviezel (CEO Mobimo-Gruppe), Marc Furrer (Präsident Eidg. Kommunikationskommission ComCom), die St. Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter und Professor Tobias Straumann (Wirtschaftshistoriker) äusserten sich pronociert zum Thema Regulierungen und Zinspolitik. Einvernehmen herrschte bei dem Blick in die Zukunft, dass die Zinspolitik ein grosses Hemmnis für einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung darstellt.

18.02.2015 | Autor Eugen Rieser

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