Supply Chain Management

Pharmaindustrie entwickelt eigenständige Logistikkonzepte

Sparzwänge in den Gesundheitssystemen, verschärfte gesetzliche Vorschriften, sich verändernde Kundenbedarfe oder Produktfälschungen erfordern hochflexible und sichere Lieferketten. Um den stetig wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden, müssen sämtliche Wertschöpfungsstufen in der pharmazeutischen Industrie und Logistik auf den Prüfstand gestellt

Kommissionieren von Pharmaprodukten

und laufend optimiert werden. Viele Unternehmen haben in punkto Operational Excellence bereits Innovatives geleistet. Ein Branchenschwerpunkt beim 29. Deutschen Logistik-Kongress der Bundesvereinigung Logistik (BVL) Mitte Oktober in Berlin  stellte diese Themen in den Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen.

Gestiegene Qualitäts- und Compliance-Anforderungen in der Pharmalogistik

Die Logistik in der Pharmabranche war lange Zeit kaum von Compliance-Anforderungen betroffen – im Gegensatz zu Bereichen wie Produktion oder Qualitätssicherung. Mittlerweile ist die Pharmalogistik aber umfangreichen gesetzlichen Reglementierungen unterworfen. Gestiegene Ansprüche an Qualität und Sicherheit führten

Die 1978 in Deutschland gegründete Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V. ist eine gemeinnützige, neutrale und überwiegend ehrenamtliche Organisation. Als Plattform für Manager der Logistik bildet sie mit heute mehr als 10.000 Mitgliedern eine Brücke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und ist Podium für den nationalen und internationalen Gedankenaustausch zwischen Führungskräften.

beispielsweise dazu, herkömmliche Planen-LKWs sowohl in der Intralogistik als auch in der Distribution durch speziell temperierte Fahrzeuge zu ersetzen. Ebenso wurde auf bestimmten Transporten der Einsatz von Datenloggern verpflichtend, um eine lückenlose Kontrolle von Temperaturvorgaben zu ermöglichen. Stark zugenommen hat in den vergangenen Jahren ebenfalls die Zahl der Audits in der Pharmaindustrie, wovon auch die Logistik betroffen ist. Ausschlaggebend dafür ist, dass fast jedes Land, in das Produkte versandt werden, über eigene Vorschriften verfügt und somit Kontrollen durchführt.

 

Optimierte Supply Chain durch den Pharmagrosshandel

Der Pharmagrosshandel ist als Bindeglied zwischen Hersteller und Patient speziellen logistischen Marktanforderungen ausgesetzt. Vom Endkunden in der Apotheke nachgefragte Produkte müssen sofort oder innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Um zudem die flächendeckende Versorgung mit pharmazeutischen Produkten zu gewährleisten, sind besonders

Pharmazeutik - mit viel Log.-Potenzial

leistungsfähige logistische Strukturen und Prozesse notwendig. Vor dem Hintergrund zunehmend unter Druck stehender Gesundheitssysteme mit sinkenden Gewinnmargen ist Kostensenkung eine zusätzliche Herausforderung für die Pharmalogistik.

Die Celesio AG entwickelte verschiedene Ansätze, um auf diese Herausforderungen innovativ zu reagieren. Auf dem französischen Markt etablierte der Pharmagrosshändler aus Stuttgart ein umfassendes Netzwerk von regionalen und lokalen Verteilerniederlassungen, die auch selten nachgefragte Medikamente über Nacht zur Verfügung stellen. Apotheken und Apothekenketten bietet Celesio zudem eine IT-Lösung zur Nachfüllung des Warenbestandes. Die so erreichte Optimierung des gebundenen Kapitals und die Verfügbarkeit bestimmter Artikel senkt nicht nur Kosten der Apotheken, sondern auch die des Grosshandels.

Mehr Sicherheit in der Lieferkette durch Serialisierung

Auch die Absicherung von Lieferketten spielt für die Compliance eine stetig wachsende Rolle. Der wachsende Onlinehandel mit gefälschten Medikamenten, die in die legale Lieferkette von Handel und Apotheken eingeschleust werden, stellen die Pharmalogistik vor wachsende Herausforderungen. Indien ist eines der Länder, das alle für den Export bestimmten Medikamente durch individuelle Identifikationsnummern serialisiert. Diese können somit über die gesamte Supply Chain bis hin zum Hersteller zurückverfolgt werden, wodurch deren Echtheit garantiert ist.

Das Software- und Technologieunternehmen PharmaSecure erarbeitet umfangreiche Serialisierungslösungen für indische Pharmaunternehmen, indem es eine direkte Verbindung zwischen Produzent und Verbraucher herstellt. Der Konsument am Ende der Lieferkette hat die Möglichkeit, durch das Einscannen von QR-Codes auf der Medikamentenpackung die Echtheit des Produkts selbst zu überprüfen.

Pharmalogistik: schnell, sicher, zuverlässig

Wachsende Märkte in Osteuropa und Russland

Die pharmazeutische Industrie in den osteuropäischen Staaten und Russland wächst jährlich zwischen sieben und zwanzig Prozent. Durch die EU-Osterweiterung eröffnen sich westeuropäischen Unternehmen beste Möglichkeiten für Kooperationen und die Ausdehnung ihrer Geschäftstätigkeit. Das Wachstum der Pharmaindustrie im Osten wird jedoch von Entwicklungen begleitet, auf die die Pharmalogistik passende Antworten finden muss, um langfristig erfolgreich operieren zu können.

Péter Kiss, Präsident der ungarischen Logistikvereinigung und vormals Head of SCM and Logistics bei Mylan Hungary, nennt mit Unsicherheiten in der Regulierung des Marktes, unterschiedlich gut ausgebauten Transportwegen und der Bevorzugung nationaler oder regionaler Unternehmen nur einige der logistischen Herausforderungen. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der Finanzkrise nur schwer abzuschätzen sind – ob die Bevölkerung primär beim Konsum von Lebensmitteln oder pharmazeutischen Erzeugnissen sparen wird, bleibt noch abzuwarten. Kiss‘ Rat: Wer auf gute Geschäfte mit Osteuropa hofft, muss auch bereit sein, vor Ort zu investieren.

 

Kontakt:  Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.  Schlachte 31,  D - 28195 Bremen,  www.bvl.de

09.11.2012 | Autor Hans Joachim Behrend

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