Bedingungsloses Grundeinkommen

Illusionen auf dem politischen Parkett

Zur Flut von Initiativen, über die in der Schweiz abgestimmt werden wird, dürfte sich schon bald die Verlockung eines bedingungslosen Grundeinkommens gesellen. Jeden Monat ein paar Tausend Franken auf dem Konto, ohne etwas dafür getan zu haben, stellt sogar die Mindestlohninitiative in den Schatten. Warum die Idee des Grundeinkommens nicht nur falsch, sondern gefährlich ist, begründet Avenir Suisse in einer aktuellen Publikation.

Die Lohnquote in der Schweiz steigt, das beweisen die Daten
 
Quelle: OECD; Grafik: Avenir Suisse
 

Etlichen Schweizern geht es offenbar zu gut. Das Wissen, in Sachen Beschäftigung, Wohlstand, öffentliche Verschuldung etc. besser abzuschneiden als die meisten vergleichbaren Länder, verleitet offenbar zur Lancierung geradezu verwegener Ideen und Initiativen. Dazu gehört die Mindestlohninitiative mit einem unvergleichbar hohen Stundensatz von 22 Fr./Stunde, aber auch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE), das nicht nur denen zugute kommen soll, die nicht arbeiten können, sondern das  geradezu dazu einlädt, nicht arbeiten zu wollen. Das Leben im Schlaraffenland – wie sich die Befürworter das wohl so vorstellen – hat aber leider keine ökonomische Basis. Die Idee, durch eine noch grössere Umverteilung – als sie in der Schweiz ohnehin schon stattfindet – die Reichen so weit zu schröpfen, bis das Grundeinkommen finanziert werden kann, mag zwar durch aktuelle Meldungen, dass die Einkommensschere im Lande weiter aufgegangen ist, genährt werden, aber dass sich dieses Futter nicht als nahrhaft und real erweisen wird, daran wird – lieber – kein Gedanke verloren. Er könnte die nette, aber leider utopische Idee des BGE schon in den Grundzügen in Frage stellen.

Fehlgeleiteter Reformwunschtraum

Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse, hat sich der Thematik vor dem Hintergrund, dass Schweizer Bürger und Bürgerinnen voraussichtlich 2015 oder 2016 über die Einführung eines solchen BGE abstimmen können, angenommen und bringt die Idee wie folgt auf den Punkt: Ein monatlicher Geldtransfer von 2500 Franken an jeden erwachsenen, rechtmässigen Einwohner soll das bisherige Geflecht an Instrumenten zur sozialen Sicherung ablösen. Die Initianten preisen das BGE als geniale Antwort auf die gesellschaftspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Avenir Suisse hält das BGE hingegen für einen in allen Facetten fehlgeleiteten Reformwunschtraum.

In der fünften Ausgabe ihrer «avenir standpunkte» zeigt sie, warum dem BGE jenseits aller Zweifel an der Finanzierbarkeit und aller ungelösten Fragen im Zusammenhang mit der Zuwanderung wenig Reizvolles und schon gar nichts Liberales anhaftet. Es erstaune immer wieder, schreibt sie, auf wie viel Wohlwollen das BGE treffe – und zwar nicht nur von linksalternativer, sondern gerade auch von liberaler Seite. Deshalb habe sie die Probleme und Denkfehler des Konzepts offen- und dargelegt, dies trotz des Risikos, dass die Initianten nur schon die Aufmerksamkeit von Avenir Suisse als Erfolg werten könnten.

Unliberal, unsozial und gefährlich

Projektleiter Lukas Rühli zeigt übersichtlich und überzeugend, dass die Notwendigkeit eines BGE bereits mit falschen Annahmen begründet wird, und dass das BGE geradezu unsozial ist, da es ausser Trittbrettfahrern kaum jemandem nützt – zuletzt den wirklich Hilfsbedürftigen. Die Publikation erklärt, warum das BGE entgegen oft gehörten Beteuerungen und Bezügen auf das Konzept der negativen Einkommenssteuer von Milton Friedman kein liberales Konzept ist und warum es die Gefahr einer Zweiklassen-Gesellschaft stärker heraufbeschwört als jedes aktuelle System der sozialen Sicherung. Die Denkfabrik kommt zum Schluss, dass das BGE im sozialen Umfeld gefährliche falsche Anreize setzt, Niedrigqualifizierte aus der Erwerbsarbeit katapultiert und nichts an der nicht gelösten Herausforderung ändert, dass unbezahlte Arbeit weiterhin unbezahlt bliebe.

Sympathien für dieses absurde, aber leider gefährliche und verführerische Konzept, kann der Think-Tank nicht nachvollziehen, zumal es die Gefahr berge, unsere Wirtschaftsordnung aus den Angeln zu heben.

Zur Publikation

30.04.2014 | Autor Jörg Naumann

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