BVL-Anlass (Teil 2)

Instandhaltung - gestern, heute und morgen

Heute dient die Instandhaltung der Vorbeugung von Produkt- und Systemausfällen und optimiert die Wartung hinsichtlich Kosten, Zeit und weiteren Ressourcen. Wurde früher repariert, was kaputt ging, wird heute präventiv geplant und gehandelt - durchaus unter verschiedenen Prämissen und mit differenzierten Ansätzen. Der 2. Teil des BVL-Anlasses bei Sika in Düdingen widmete sich dieser Thematik. 

SIKA_NOVO - Instandhaoltungsvarianten   
SIKA_Messtand Tram  
SIKA_NOVO_SAP Predictive Maintenance  
Grafiken und Foto (oben) NOVO Business Consultants, Bern
 
   

Instandhaltung dient zur Vorbeugung von Systemausfällen. Dabei kommen unterschiedliche Strategien zum Einsatz, wie Daniel Hochuli, Leiter Logistics der NOVO Buiness Consultants in Bern und Zürch, erläutert. Früher gab es nur die ungeplante Instandhaltung – sprich Reparatur. Mit ihr wurde keinerlei vorbeugende Instandhaltung betrieben. Der Ausfall von Komponenten oder ganzen Anlagen wurde in Kauf genommen, Fehler erst nach dem Auftreten behoben. Bei der Reparatur ist zudem nicht klar, welche Ersatzteile in welcher Menge gebraucht werden. Auch die sonstigen Ressourcen können nicht eingeplant werden. Die Unbekannten im Fall einer Reparatur sind gross, sie zu beseitigen braucht Zeit.

Planung schafft bereits Abhilfe

Mit der geplanten Instandhaltung werden die offensichtlichsten Nachteile der ungeplanten Version vermieden. Hier stehe, so der Referent, die Information im Vordergrund, wann eine Wartung ansteht und was sie umfasst. Sie verhindert oder reduziert ungeplante Ausfälle und stellt sicher, dass die benötigten Ersatzteile zur Zeit der Wartung bereits zur Verfügung stehen. Die Wartezeit für die Beschaffung entfällt. Nicht alle Probleme werden beseitigt: Werden beispielsweise Wartungszyklen vorgegeben, können diese von der realen Entwicklung abweichen, eine Wartung wird u. U. ausgeführt, obwohl sie noch nicht nötig wäre, oder sie wird zu spät ausgeführt, weil ein Fehler bereits vorher aufgetreten ist.

Die "goldene Mitte"

Bei der zustandsbasierten Instandhaltung werden kritische Daten der Anlagen kontinuierlich erfasst, um so die Notwendigkeit einer Reparatur oder anderer Massnahmen zeitnah festzustellen. So wurde bei bei den Verkehrsbetrieben Bern Mobil eine Radmesseanlage installiert, die täglich von den Trams auf der Fahrt ins Depot passiert wird. Die Drehgestelle der Trams sind mit 32 Messpunkten ausgestattet, deren Veränderungen täglich erfasst und im SAP System abgelegt werden. Noch werden die Daten am Bildschirm von Mitarbeitern mit vorgegebenen Daten verglichen und definiert, ob Eingriffe notwendig sind, sollten die neuen zu stark von den vorgegebenen Daten abweichen oder bestimmte Abnützungsmuster zu Tage treten.

Der Nutzen ist offensichtlich. Die zustandsbasierte Instandhaltung erkennt frühzeitig und realitätskonform, wann ein Fahrzeug geplant gewartet werden muss. Da nicht alle Drehgestelle denselben Abnützungen unterliegen, machen geplante Wartungsintervalle wenig Sinn. Nicht immer wird dieselbe Zeit für die Reparatur/Wartung benötigt, nicht immer dieselben Ersatzteile gebraucht etc.. Der Nutzen der zustandsbasierten Instandhaltung besteht deshalb darin, mögliche Schäden vor einer geplanten Wartung zu erkennen und die benötigten Ersatzteile frühzeitig zu identifizieren. Sie erlaubt zudem das Einhalten von Auflagen im Rahmen von Betriebskonzessionen sowie die Reduktion der Ersatzteillager und eine bessere Planung der Instandhaltungsarbeiten. Die regelmässige Datenerhebung sei ebenso Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung wie auch das Vertrauen der Mitarbeiter in diese neue Lösung. Daniel Hochueli bezeichnet sie deshalb als Goldene Mitte zwischen reaktiver und präventiver Wartung.

Verschleissdaten laufend erfasst und verarbeitet

Noch einen Schritt weiter geht die prädiktive Instandhaltung. Sie fusst auf der Kombination unterschiedlicher Disziplinen: der Sensorik, dem Monitoring, der Analyse und Vorhersage sowie der optimierten Instandhaltung/Wartung.

In der Anlage integrierte Sensoren erfassen und übermitteln laufend die benötigten Betriebsdaten. Diese werden ausgewertet und mit weiteren Erkenntnissen und Daten angereichert. Dies erlaubt dann die statistische Vorhersage möglicher Schäden. Mit Hilfe dieser Methode könnte(n) vorausschauend geplant und gewartet, Ausfälle verhindert und Stillstandzeiten reduziert werden. Das alles senkt die Instandhaltung und Wartungskosten.

Am Beispiel einer Windturbine wurde der Nutzen der prädiktiven Instandhaltung berechnet. Wartungskosten in Höhe von 80.000 € standen Kosten im Falle eines Totalausfalls von 700.000 € gegenüber. Das sei fast das Neunfache der Wartungskosten, so der Referent, die anfallen würden, wenn z.B. ein Lagerschaden nicht prädiktiv erfasst und frühzeitig behoben werden könne. Die Zahl spricht wohl für sich.

Killerargument erschwert die Umsetzung

SIKA_NOVO - Vorbeugen ist besser  
SIKA_LCA - Überwachungssystem  
Foto und Screenshot LCA automation AG, Küssnacht/aR
 
   

Dass diese prädiktive Instandhaltung in der betrieblichen Realität trotz offensichtlich grosser Vorteile auf Skepsis stösst, davon weiss LCA Automation ein Lied zu singen: das Unternehmen betreibt weltweit 150 verkettete Montageanlagen, Rundtaktanlagen oder Handarbeitsplätze und stellt sich die Frage, wie sie Stillstände dieser Anlagen im Sinne ihrer Kunden vorausschauend erkennen und anschliessend verhindern kann. Mit der prädiktiven Instandhaltung (Predictive Maintenance) soll das möglich sein. Um den Beweis anzutreten, hat das Zentralschweizer Unternehmen eine Software entwickelt, die zurzeit in der Beta-Version vorliegt und auf ihren Ernsteinsatz wartet. Federführend dabei ist ETH-Doktorand Marc Engeler. Er ist im Rahmen der strategischen Entwicklung von LCA für dieses Projekt verantwortlich.

Er begründet die Innovation mit der Erfahrung, dass viele Kunden die vorgegebenen Wartungszyklen nicht einhalten und/oder die Wartungspläne nicht aktuell sind, Anlagen also immer wieder unter ihrem Potenzial gefahren werden. Um den Ausfall der Anlagen, kostspielige Reparaturen und Stillstände (s.o.) zu vermeiden, müssten sie deshalb vom Lieferant selbst überwacht werden.

Stichwort Datensicherheit

Technisch gesehen sei das keine Hexerei, vor allem wenn Anlagen – wie die ihrigen – mit Motoren und Aggregaten namhafter Hersteller ausgerüstet würden, welche die nötigen Daten zu Steuerungszwecken ohnehin erfassten. Sensoren müssten dann nur dort eingesetzt werden, wo diese Daten nicht reichten, um den Verschleiss von Förderanlagen, von Motoren, Lagern etc. zu messen und mit Hilfe von Trendanalysen vorauszusagen. Da entsprechende Informationen der Anlagenbetreiber über den Zustand ihrer Anlagen allerdings häufig fehlten, müsste der Hersteller die Anlagen konsequent überwachen und sich die Daten kontinuierlich zugänglich machen. Doch das geht nur übers Netz – und da liegt das Problem.

Die vorgestellte Software läuft zurzeit in der Betaphase an einem Versuchsprojekt, was noch ausstehe, sei die Implementierung auf einer Kundenanlage. Doch hier stösst LCA bei Kunden auf entschiedenen Widerstand. Mit dem Hinweis auf die fehlende Datensicherheit im Netzwerk werde jede Anfrage abgewiesen, gibt Engeler Auskunft. Sobald das Stichwort Internet falle, blockten die Verantwortlichen ab, obwohl die Anlage bewusst unidirektional ausgelegt und ein externer Zugriff auf die Maschine überhaupt nicht möglich ist. Hier ist also noch Überzeugungsarbeit zu leisten. 

 

14.12.2015 | Autor Jörg Naumann   -> Drucken

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